Eine starke Erfahrung der Biografiearbeit innerhalb der Dritten Generation Ost ist, wie wohltuend es ist, sich in einer Gruppe von gleichaltrigen Ostdeutschen mit ähnlichen und unterschiedlichen Erfahrungen auszutauschen. Es überrascht, dass trotz gegensätzlicher Positionen (z.B. staatstreu und staatsfern), die in den Familien der Teilnehmenden zu DDR-Zeiten vertreten wurden, es den Angehörigen der Dritten Generation Ost heute möglich ist, sich mit gegenseitigem Verständnis und Respekt zuzuhören und so zu einer neuen Verständigung zu finden.
Wie wir arbeiten
Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Bedingungen und Entwicklungen arbeiten die Teilnehmenden in den Workshops inhaltlich zu ihrer persönlichen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Um die Multiperspektivität innerhalb der Gruppe zu wahren, hören sich die Teilnehmenden der Biografieworkshops gegenseitig aufmerksam zu, ohne dabei inhaltlich über die Themen zu diskutieren oder die Aussagen der Anderen zu kommentieren. Die eigenen Erfahrungen werden aufgewertet, die alltägliche Diskriminierung durchbrochen. Zur gemeinsamen Arbeit in den Gruppen gehört, dass die persönlichen Geschichten vertraulich behandelt werden. Durch die Sicherheit, die in der Gruppe entsteht, wagen die Teilnehmenden einen Schritt in die Vergangenheit und können den Nebel, der sich um vergangene Erlebnisse gelegt hat, gemeinsam lichten.
Themen die in den Workshops bearbeitet werden
- Heimat und Wende
- Institutionen der DDR und Unterdrückungsapparat DDR
- Beziehungen und Familie
- Gespräch mit der Eltern- und Großelterngeneration
- Vorbilder und “ostdeutsche” Stärken
- Beziehungen zu Westdeutschen, Bilder von Ost und West
- Lebenswegstationen
- Wie ist es als Ostdeutsche*r im Westen zu leben?
- persönliche Ziele als Ostdeutsche*r für das eigene Leben und das Umfeld
- Gestaltung des Wirtschafts- und politischen Systems, ehrenamtliches Engagement (in den Heimatregionen)
- Ostdeutschland und Gender-Perspektiven
Dritte Generation Ostdeutschland
Der Begriff Dritte Generation Ostdeutschland oder kürzer Dritte Generation Ost ist kein soziologischer Begriff. Er wurde von Angehörigen der Generation geprägt, die etwa zwischen 1975 und 1985 geboren wurden und ihre Kindheit und Jugend in der DDR, während der Umbruchszeit 1989/90 und in der sich anschließenden Transformationszeit erlebten. Aufgewachsen in zwei Systemen machen sie sich gemeinsam in verschiedenen Projekten und Workshops auf den Weg, ihren besonderen Erfahrungsschatz zu heben und selbstbewusst zu kommunizieren. Einige Beispiele für Initiativen, die aus dieser Generation heraus entstanden sind, sind auf der Netzwerklandkarte näher beschrieben. Unsere Biografieworkshops verstehen wir als Beitrag für die gemeinsame „Schatzsuche“.